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Das Spielen und das Nichtspielen bei Hunden erkennen und verstehen

Diesen Artikel kannst du dir als Podcast anhören oder gemütlich das Skript lesen.

„Schau mal, wie schön unsere Hunde miteinander spielen“, sagt die eine.

„Ja und wie süß sie dabei grinsen“, erwidert die andere stolz.

Aber die Hunde spielen gar nicht. Im Gegenteil. Sie wenden eine Konfliktbewältigungsstrategie an. Fiddle about, oder auch Flirt genannt, wird häufig von ungeschulten Augen mit Spielen verwechselt. Damit dir das mit deinem Hund nicht passiert, sprechen wir heute über dieses Thema.

 

Wie spielen Hunde?

Spielen ist wichtig für Hunde. Es ist lernen fürs Leben. Hunde können mit sich alleine, mit ihrem Menschen oder auch mit anderen Hunden spielen. Beim Spielen wird auf die Kommunikation des Gegenübers eingegangen, das heißt Stoppsignale werden ernst genommen und beachtet. Die Rollen wechseln sich ständig ab (Der „Jäger“ wird zum „Gejagten“ und umgekehrt), man erkennt ein deutlich einladendes Verhalten durch mehrere Gesten nach unten bzw. weg vom Gegenüber. Auch sind die Hunde nicht sonderlich erregt, wiederkehrende Pausen sorgen für ein stabiles niedriges Erregungslevel der Hunde. Die Muskulatur ist locker und weich, es gibt keine Anzeichen von Anspannung oder Stress. Auch das sogenannte Spielgesicht gehört dazu, dieses sieht oft gefährlich aus, wenn der Mund weit geöffnet ist.

 

Wie kommt es zu Fiddle about?

Wenn Hunde bei einer Begegnung mit Artgenossen unsicher sind, gestresst und überfordert, haben sie eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten, um mit der Konfliktsituation umzugehen. Folgende Bewältigungsstrategien stehen dem Hund zur Verfügung: Flight (Entfernung/Flucht), Freeze (Einfrieren), Fight (Kampf/Vertreibung) oder eben das Fiddle about.

Oft sind die Situationen, in der ein Hund seine Bewältigungsstrategie abrufen muss, hausgemacht. Verursacht durch zu wenig Abstand zu anderen Hunde-Mensch-Teams oder auch das klassische: Komm wir machen mal die Leine ab, damit die spielen können.

Leider wird viel zu wenig darauf geachtet, ob das auch im Interesse der Hunde ist. Es reicht auch nicht, wenn einer nur Spielen möchte und der andere nicht. Auch der Satz: Meiner tut nichts, reicht nicht aus, damit ein Sozialkontakt gefahrlos abläuft.

Die romantische Vorstellung, dass der Hund mit jedem anderen Hund vergnügt und ausgelassen spielt, ist meiner Meinung nach, völlig überzogen. Es ist okay, wenn man Hund keine Lust hat, es ist in Ordnung, wenn mein Hund den Artgenossen, der uns entgegenkommt, nicht leiden kann.

Wenn du lernst, die Körpersprache deines Hundes zu verstehen, musst er weder Kampf noch Flucht wählen. Dann kann er dir einfach vertrauen, dass du erkennst, was dein Hund gerade braucht.

Wie erkenne ich den Unterschied zwischen einem Spiel und Fiddle about?

Wenn dein Hund Fiddle about anwendet, sind seine Bewegungen hektisch und schnell, beim tatsächlichen Spielen sind sie eher weich und rund. Wie schon erwähnt ist beim Spielen die Erregung nicht groß und die Hunde machen immer wieder Pausen, damit es auch so bleibt. Beim Fiddle about dagegen ist das Erregungslevel von Beginn an sehr hoch. Das merkt man auch daran, dass der gesamte Hund angespannt und „steif“ wirkt. Was wir Menschen oft als ein Lachen deuten, ist in Wirklichkeit ein deutliches Stressgesicht, dass oft von schnellen hecheln und teilweise auch speicheln begleitet wird.

Oft geht auch ein Hund immer wieder auf den anderen Hund aktiv zu, während der andere Hund ausweicht. Dementsprechend erkennt man Abwehr- oder auch Angriffsverhalten sowie Fluchtverhalten. Im gesamten zeigt der Hund deutliche Stresssignale und Beschwichtigungssignale, die man als Hundemensch immer erkennen sollte. Häufig ignoriert der andere Hund diese deutliche Kommunikation und stoppt sich nicht in seiner Annäherung.

Viele Hundemenschen sehen die sogenannte Vorderkörpertiefstellung als deutliche Spielaufforderung. Das stimmt jedoch so nicht! Es ist zwar richtig, dass dies eine Spielaufforderung sein kann, sie kann aber auch ein Zeichen der Verunsicherung sein und dient dann als schnelle Reaktionsmöglichkeit. Auch hier ist es wieder wichtig, die Körpersprache des Hundes zu verstehen!

Wenn der Hund im Konflikt ist und in die Vorderkörpertiefstellung geht, ist die Rute meistens nach unten gerichtet, bei einer Spielaufforderung wäre sie entsprechend nach oben gerichtet. Wenn der Hund die Ohren nach hinten anlegt, ist dies auch ein Zeichen eines Konfliktes. Insgesamt wirkt der Hund eher angespannt als entspannt.

 

Was habe ich als Hundemensch zu tun, wenn ich Fiddle about erkenne?

Sobald ein Hund das Fiddle about anwendet, hat er eine hohe Bewegungsintensität und kann sich alleine nur schwer stoppen. Meistens erst, wenn der andere Hund ein sehr deutliches Unwohlsein und auch Abwehrverhalten zeigt. Soweit sollte man es jedoch nicht kommen lassen. Sobald du dir unsicher bist, ob die Hunde tatsächlich spielen oder ob sich einer der Hunde unwohl fühlt, ist die Interaktion zwischen den Hunden abzubrechen. Lieber Vorsicht statt Nachsicht! Denn jede Begegnung, die schiefläuft, könnte entscheidend für das Sozialverhalten des Hundes sein.

Hunde regeln das nicht allein. Das ist unser Job in dieser Geschichte.

 

Wo fiddelt der Hund sonst noch?

Nicht nur in Hundebegegnungen wenden Hunde Fiddle about als Konfliktbewältigungsstrategie an, sondern auch in jeder anderen Situation, in denen sie überfordert sind. Teilweise fängt dies beim Geschirranziehen, beim Einsteigen ins Auto, beim Kämmen oder Krallen schneiden schon an. Diese Kommunikation des Hundes ist ernst zu nehmen und darf nicht falsch gewertet werden. Denn wenn Fiddle about nicht funktioniert, wird der Hund lauter und deutlicher in seiner Kommunikation werden und eine andere Strategie anwenden, die dann auf jeden Fall verstanden wird, wie zum Beispiel Fight, also den Kampf.

Wenn also dein Hund, das nächste Mal in die Vorderkörpertiefstellung geht, Menschen anspringt, in die Leine beißt oder über die Stühle und den Tisch rennt, dann schau genau hin. Es ist sehr oft ein Anzeichen von Überforderung. Deine Aufgabe ist es dann nicht den Hund zu schimpfen und noch mehr Stress zu bereiten, sondern herauszufinden, was den Hund so stresst und ihn dabei zu helfen, eine Lösung zu finden, um den Stress anderweitig wieder loszuwerden oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Was noch wichtig zum Thema Hundebegegnungen ist:

Für die meisten Hunde sind frontale Begegnungen mit Artgenossen schwierig. Besonders mit fremden Hunden. Einfach die Leine abmachen und die Hunde sich kümmern lassen ist keine Lösung.

Hundebegegnungen richtig gestalten:

  • Leine deinen Hund an, sobald ein anderes Hund-Mensch-Team in euerem Blickfeld ist
  • Gehe in einem möglichst großen Bogen um das andere Team herum, auch wenn dein Hund keine Herausforderung mit der Situation hat
  • Wenn sich beide Teams einig sind, dass eine Interkation zwischen den Hunden gewünscht ist, geht gemeinsam ein Stück an der Leine (noch ohne Interkation) spazieren
  • Dabei wird auf die Körpersprache der Hunde geachtet. Wenn einer der Hunde Stress hat, dann ist ein Spiel eben nicht möglich und jeder geht wieder seiner Wege
  • Wenn beide Hunde entspannt sind, kann man Interkation zulassen, beobachtet aber weiterhin die Körpersprache
  • Sollte einer der beiden Hunde überfordert sein, wird das Spiel durch den Menschen nett und freundlich beendet
  • Dein Hund muss nicht mit jedem Hund spielen und auch nicht immer Lust haben
  • Dein Hund muss nicht mit jedem anderen Hund klarkommen
  • Dein Hund entscheidet, wann und mit wem er in Kontakt treten möchte.

Welche Erfahrungen hast du mit deinem Hund gemacht? Spielt er gerne mit Artgenossen oder wendet er Fiddle about an? Hinterlasse gerne einen Kommentar und Teile diesen Beitrag mit anderen Hundemenschen.

Bei Hundebegegnungen geht es immer um Rücksichtnahme und Verständnis. Ich persönliche leine meinen Hund immer an, wenn mir Menschen (egal ob mit oder ohne Hund) entgegenkommen. Einfach aus Höflichkeit. Auch wenn mein Hund keine bösen Absichten hat.

Alle Infos zur Ausbildung bei JoyDogs:

 

Den Hund mit Hilfe des Achtsamkeitsspazierganges besser verstehen:

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