Der Begriff “Bindung”
Die Bindungstheorie an sich stammt aus der Psychologie. Diskussionen und Uneinigkeiten gibt es zwischen Psychologen und Biologen schon immer, da die aufgestellten Theorien der Psychologie selten gut messbar sind. Erst seit den Forschungen im Bereich der Neurowissenschaften treffen sich beide Bereiche.
Ich selbst finde mich in beiden Bereichen wieder. In der Tierpsychologie, der Verhaltensbiologie und der Humanpsychologie. Die Bindungstheorie stammt aus der Humanpsychologie und wurde auf die Mensch-Hund-Beziehung übertragen.
Was ist Bindung überhaupt?
Bindung bedeutet, dass ein Individuum Vertrauen zu einer Bindungsperson aufbaut, wobei dieses Bedürfnis biologisch verankert ist und zu einer hohen Qualität der Beziehung führen kann, wenn die Bindungsperson darauf mit dem richtigen Verhalten antwortet. Die wichtigste Funktion der Bindungsperson ist es, in Situationen von Bedrohung zu schützen und emotionale und reale Sicherheit zu geben.
Was heißt das nun für die Hund-Mensch-Beziehung?
Ohne Bindung wäre der Alltag mit Hund nicht möglich. Ich selbst, bin davon überzeugt, dass Bindung und Vertrauen der Grundstein jeder gesunden Beziehung ist. Egal ob in einer Mensch-Hund-Beziehung oder Mensch-Mensch-Beziehung, also zum Beispiel zwischen Kinder und Eltern. Dank der Neurowissenschaft ist Bindung sichtbar geworden. Jedoch gibt es meiner Meinung nach auch deutliche Unterschiede zwischen der Eltern-Kind-Beziehung und der Hund-Mensch-Beziehung, diese sind also in meinen Augen nicht direkt vergleichbar. Hunde reifen schneller heran, leben dann in der Regel ein Leben lang mit uns zusammen und man kann sie niemals in die vollständige Unabhängigkeit entlassen. Das Ziel im Zusammenleben und im Lernen, das wir in diesen Beziehungen anstreben, ist also ein anderes.
Wenn man eine sichere Bindung zu seinem Hund aufbauen möchte, ist es unbedingt nötig, diesen auch Freiräume zu gewähren. Das ist für viele Hundemenschen sehr schwer. Und dennoch, ist es ein Teil der Bedürfnispyramide (mehr dazu in diesem Blog), die Selbstverwirklichung, die an der Spitze steht. Jeder Baustein der Pyramide baut aufeinander auf. Fehlt ein Baustein, können Verhaltensauffälligkeiten entstehen.
Immer wieder sehe ich das Abhängigkeit mit Bindung verwechselt wird, oder ein ganz falsches Bindungsmuster vorliegt. Über die Bindungsmuster erzähle ich euch gleich noch etwas. Zuerst möchte ich euch erklären, was eine sichere Bindung bedeutet:
- In schwierigen Situation sucht dein Hund deine Nähe und Schutz
- Wird dein Hund von dir getrennt, hat er das Bedürfnis dir zu folgen und deine Nähe zu suchen
- Im sicheren Umfeld erkundet dein Hund die Gegend, er erforscht seine Umwelt also selbstständig, kehrt jedoch zu dir zurück, wenn er müde ist, sein Explorationsverhalten gestillt ist oder die Umwelt bedrohlich ist.
Verschiedene Bindungsarten
Bindung ist nicht gleich Bindung. Das Ziel ist immer eine sichere Bindung. Diese erreicht man, wenn man mit der Bedürfnispyramide arbeitet, auf Augenhöhe trainiert, auf Strafen verzichtet, und Schutz bietet, wenn er benötigt wird.
Dann gibt es noch die unsicher-vermeidende Bindung, in der der Hund eigentlich die Beziehung zum Menschen meidet. Der Hund fühlt sich nicht nur nicht akzeptiert, sondern sogar abgewiesen und versucht ständig, durch “nicht auffallen” Konflikte zu vermeiden. Der Hund lebt meisten mit dem Gefühl, dass er immer für den Menschen Leistung erbringen muss.
Eine weitere Bindungsart ist die ambivalent-unsichere Bindung. Diese entsteht, wenn der Hund mit einer Bezugsperson lebt, welche Stimmungsschwankungen unterliegt, die zur Folge haben können, dass plötzlich und unvorhersehbar die Stimmung kippt und der Mensch ungehalten und unerwartet auf Situation oder Verhalten reagiert. Dies kann dazu führen, dass der Hund, selbst dann, wenn der Hundemensch nichts Böses möchte, mit einem Abwehrverhalten reagiert, das auch mit Aggression einhergehen kann. Oft suchen die Hunde aber sofort nach einer Abwehrreaktion wieder Kontakt zum Hundemensch.
Die desorganisierte Bindung erkennt man daran, dass der Hund verwirrt wirkt und eigenartige Verhaltensweisen (stereotype Bewegungen wie Im-Kreis-Drehen beziehungsweise den eigenen Schwanz jagen) zeigt oder aber auch das er plötzlich erstarrt. Das Verhalten zeichnet sich also durch emotional widersprüchliches und inkonsistentes (unstimmiges) Bindungsverhalten aus. Es lässt sich generell kein bestimmtes Verhalten bei Trennung und Rückkehr der Bindungsperson festmachen. Auch ist emotionale Kommunikation ist gestört, weil die Bezugsperson gleichzeitig Quelle und Auflösung der Angst ist.
Achtung! Irrtümer zum Thema Bindung
Bindung lässt sich niemals durch kurze Momentaufnahmen beurteilen. Nur, weil sich dein Hund für uns Menschen auffälliges Verhalten zeigt, beim Rückruf nicht gleich kommt oder sich nicht vor Freude überschlägt, wenn du nach Hause kommst, heißt es nicht, dass er keine oder keine sichere Bindung zu dir hat. Den die sichere Bindung ist nur ein Aspekt in der Hund-Mensch-Beziehung. Es gibt viele weitere Dinge, die mit der Bindung ein Gesamtbild ergeben.
Fazit
Jeder Hundemensch hat zu seinem Hund eine Bindung. Die Frage ist nur welche. Das Ziel ist immer eine sichere Bindung, welche meiner Meinung nach, das Zusammenleben zu einer wertvollen und schönen Zeit macht. Jedoch heißt eine sichere Bindung nicht, dass das Training wie von selbst funktioniert. Gerade bei unsicheren, ängstlichen oder bei Hunden mit Schutzreaktionen muss ein spezielles Training, bzw. eine Therapie, in Betracht gezogen werden.
Habt einen wunderschönen Tag
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