Nur wenn wir wirklich verstehen, wie unser Hund lernt, können wir die Verhaltensweisen unseres Hundes verändern, wenn wir es wollen. Dazu schauen wir uns im ersten Schritt die Lerntheorie an. Wer mich (Katharina Valentin) schon ein bisschen kennt, weiß, dass ich ein Fan von allen bin, was bereits gut wissenschaftlich erforscht ist. Die Lerntheorie beschreibt wissenschaftlich erforschte, biologische Lernvorgänge im Gehirn. Meiner Meinung nach, bildet das Wissen der Lerntheorie, die Basis für modernes und artgerechtes Hundetraining.
Nice to know: Die Lerntheorie kann nicht nur auf Hunde, sondern auf viele Säugetiere, sogar auf den Menschen, übertragen werden.
Ich bemühe mich sehr, das Thema nicht trocken zu gestalten, halte es aber für enorm wichtig für alle Hundemenschen. Den wie oft fragen wir Hundemenschen uns: Wie kann ich meinen Hund den wirklich etwas beibringen? Weshalb kommt er beim Rückruf nicht? Lernt mein Hund nur während des Trainings? Wie lernt mein Hund neue Dinge? Wieso klappt es nicht? Kann auch ein älterer Hund noch etwas Neues lernen? Wie kann ich meinen Hund bestimmte Verhaltensweisen abgewöhnen? … usw. Diese ganzen Fragen können wir uns selbst mit der Lerntheorie beantworten.
Was ist lernen eigentlich?
Unsere Hunde lernen mit jeder Erfahrung. Egal ob diese positiv oder negativ ist. Und das ständig. Das heißt, ein Hund lernt nicht nur während des Trainings, sondern immer. Lernen ist also eine Verhaltensveränderung aufgrund von Erfahrungen.
Lernen ist für den Hund Überlebenswichtig. Dabei lernt er von Beginn an bis hin ins hohe Alter. Durch das erlernte kann sich der Hund seiner Umwelt anpassen. Das erklärt auch, weshalb der Hund hinter jedem Verhalten eine Motivation sieht. Er reagiert so, wie er es für sich, durch seine gesammelten Erfahrungen, gelernt hat. Aber Achtung! Nicht immer ist es deine Schuld, dass der Hund sogenannte unerwünschte Verhaltensweisen zeigt. Auch wenn der Hund seit er ein Welpe war, bei dir ist, spielen Gene, Krankheiten oder eben das Erlernte beim Züchter eine große Rolle.
Die Lernprozesse
Es gibt sehr viele Lernformen oder Lernprozesse. Die Definition von Oxford Languages sagt zu Lernprozessen folgendes: Die Psychologie beschreibt einen Lernprozess als Vorgang des Lernens. Die bildungssprachliche Definition beschreibt es jedoch meiner Ansicht nach, noch genauer: Prozess, bei dem jemand durch Erfahrungen, Erleben usw. Einsichten gewinnt, Zusammenhänge begreift und daraus lernt.
Die wichtigsten Lernprozesse für euch:
- Soziales Lernen
- Nachahmung
- Lernen durch Einsicht
- Habituation (Gewöhnung)
- Sensibilisierung
- Operante und klassische Konditionierung (Lernen durch Versuch und Irrtum)
- Raum- und Zeitlernen
- Furchtkonditionierung
Es gibt noch viele mehr, aber die oben genannten sollte man auf jeden Fall kennen.
Wie lernt mein Hund nun eigentlich?
Jeder Hund hat seine eigenen Vorlieben und damit auch seine ganz individuelle Weise, wie er am liebsten und am besten lernt. Hier gilt es, deinen Hund kennenzulernen. Ich gebe euch jetzt ein paar Beispiele mit, wie der Hund generell am besten lernt:
- in einem Umfeld, in dem er sich wohlfühlt
- über Generalisierungen (also Verallgemeinerung)
- über Hilfestellung
- in kleinen Schritten
- durch viele, viele Wiederholungen
- das gesamte Hundeleben lang
- über Konsequenzen aus seinem Handeln
- über Assoziationen (Verknüpfungen), kontextbezogen und in Bildern (Passieren zwei Dinge gleichzeitig, verknüpft der Hund diese Dinge miteinander. Zum Beispiel Schmerz an einem bestimmten Ort und das Bild einer bestimmten Person)
- spielerisch (Spielen ist Lernen fürs Leben)
Dein Hund handelt immer aus einer Motivation heraus und lernt durch Motivation. Das heißt, wenn du richtiges Verhalten belohnst, wird dein Hund merken, dass sich dieses Verhalten für ihn lohnt und somit motiviert sein, dieses Verhalten mehr zu zeigen. Strafen rufen negative Gefühle hervor und schaffen eine sehr schlechte Grundlage für das Lernen bzw. das erlernte richtig anzuwenden. Dabei ist es gar nicht notwendig, dass dein Hund neue Lerninhalte sofort perfekt ausführt. Es geht darum, ihn auf dem Weg dorthin zu unterstützen und jeden Schritt in die richtige Richtung zu belohnen. Ein einfaches Beispiel:
Dein Hund soll Sitz lernen. Bereits bei einer kleinen Bewegung des Hinterteils deines Hundes in Richtung Boden kannst du ihn loben. Er wird dann versuchen herauszufinden, wofür er dieses Lob bekommen hat (Versuch und Irrtum). Sobald der Po des Hundes wieder in Richtung Boden geht, lobst du wieder und dein Hund wird erkennen, dass er sich auf dem richtigen Weg befindet und sich so Schritt für Schritt an Ziel, das komplette Sitz, mit dir gemeinsam herantasten. Dabei verknüpft er das Bild von dir (Gestik und Mimik) und dein Signal mit einer bestimmten Handlung von ihm, was am Ende etwas Gutes bedeutet: deine Bestätigung. Sobald er das Sitz kann, wird auch nur noch für das Sitz, so wie du es ausgeführt haben möchtest, belohnt bzw. bestätigt.
Aber vorsichtig: Das Motivationslevel kann auch zu hoch sein! Wenn dein Hund hungrig ist, wird er sich nicht auf das Training konzentrieren, sondern nur auf das Futter in deiner Tasche. Es kann aber auch sein, dass das Motivationslevel zu niedrig wird und dein Hund deine Signale nicht ausübt, weil er gerade keinen Bock auf das Goodie hat. Hat er keine Lust auf eine Futterbelohnung, weil er satt ist oder Durst hat, damit wird das Leckerchen für ihn keine Motivation darstellen, um Signale auszuführen.
Achte immer auf wechselnde Belohnungsarten. Futterbelohnungen sind okay, im richtigen Rahmen. Es gibt aber auch Umweltbelohnungen, Spiele als Belohnung oder das ganz einfache verbale Lob, um nur ein paar Belohnungsarten zu nennen. Dein Hund wird immer das als Belohnung ansehen, was gerade seine Bedürfnisse erfüllt. Hat er Durst, ist es zum Beispiel Wasser. Ohne das richtige Motivationslevel kann dein Hund sich nicht auf das Lernen konzentrieren.
Es ist deine Aufgabe, deinen Hund zu motivieren, ihn also mittels Begeisterung und einer positiven Erwartungshaltung von einer neuen Verhaltensweise zu überzeugen. Gelingt uns das nicht, bleibt ja eigentlich nur noch Druck, Einschüchterung und Gewalt. Sinnvoll ist das nicht, denn es führt dazu, dass der Hund sich unwohl fühlt und dass Lernblockaden entstehen.
Gewalt beginnt dort, wo Wissen aufhört.
Baue dir Wissen auf, fördere deinen Hund in seine Fähigkeiten, sei kreativ und denke in Lösungen und Möglichkeiten. Wie das genau geht, stellen wir uns unserem neuen Online-Programm vor. Sei gerne dabei! *Klick für mehr Infos
Ich fasse den Inhalt nochmal zusammen:
Wie lernt dein Hund? Er lernt in einer Umgebung, in der er sich wohlfühlt und nicht zu vielen Reizen ausgesetzt ist, es gibt verschiedene Lernprozesse, die man kennen und beachten sollte (auch auf diese gehen wir im Online-Programm nochmal genauer ein). Ein Hund lernt sein Leben lang aus seinen Erfahrungen heraus. Deshalb ist es wichtig, dass du die Verantwortung dafür übernimmst, was dein Hund lernt und was nicht. Bestätige gute Erfahrungen und richtige Handlungen deines Hundes, um diese zu verstärken. Nutze Verhaltensweisen, die dir nicht gefallen als Ansatz für das, was du mit deinem Hund noch trainieren musst. Finde heraus, ob dein Hund lieber spielerisch lernt, sehr kontextbezogen, viele kleine Schritte notwendig sind oder alles zusammen deinen Hund und dich ans Ziel bringt.
Das Wichtigste ist, dass ihr beide Spaß dabei habt! Sorge lieber für viele kleine Erfolge, die deinen Hund motivieren, als deinen Hund ständig zu korrigieren.
Mit diesen Worten wünsche ich dir einen wundervollen Tag.
Deine Katharina Valentin